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09.03.2008 00:00:00 |
"Vergangenheit ist Geschichte, die Zukunft ein Geheimnis"

Die Karriere des erst 27-jährigen Spitzensportlers Matthias Lanzinger ist durch einen tragischen Unfall abrupt zu Ende gegangen. Dieses unerwartete und plötzliche Ereignis wird sein Leben prägen und hat all seine Ziele und Visionen im Skisport und in seiner Karrierenplanung innert Sekundenbruchteilen zum Platzen gebracht.

Ein Schicksalsschlag wie dieser stellt einen Athleten vor eine unvorstellbare, schwierige neue Herausforderung. Wenn ich an meinen Unfall zurückdenke, fühlte ich mich in den ersten Tagen sehr verloren. Ich wusste nicht was auf mich zukommt, und ich war am Boden zerstört. Durch meine Querschnittslähmung war ich gezwungen, mich komplett neu zu orientieren.

In den ersten Tagen und Wochen waren meine Gedanken oft bei der Vergangenheit, und ich musste lernen, das Alte loszulassen. Die Gedanken zurück an meine Ziele und Visionen und mein erfülltes Leben im Skisport war für mich der erste Schritt in der Neuorientierung. Jede Person, die einer so einschneidenden Veränderung ausgeliefert ist, muss versuchen, sich vom Alten zu lösen und sich mit dem „neuen“ Leben zu beschäftigen. Es ist sehr wichtig loszulassen und sich bewusst zu sein, dass nichts mehr sein wird, wie es war. Das gehört zum Prozess.

Nachdem mir bewusst war vor sechseinhalb Jahren, was ich alles verloren hatte, war für mich folgender Satz sehr prägend: „Vergangenheit ist Geschichte, die Zukunft ein Geheimnis“.

Ich versuchte als junger Mensch, mich mit meiner Zukunft auseinander zu setzen und entwickelte positive Energie, indem ich mir wieder neue Ziele und Visionen setzte. Ich wollte wieder glücklich und zufrieden im Leben stehen. Natürlich wusste ich nicht, wie ich diese Ziele erreichen konnte, und sie waren für mich noch sehr weit entfernt. Der Schlüssel für die positive Entwicklung meines neuen Lebens waren die kleinen Ziele, die ich mir setzte.

Silvano sass zehn Monate nach dem Unfall in Val d'Isère genau da, wo es passiert ist. "Ich gebe nicht auf!" Ich musste lernen, ein T-Shirt anzuziehen oder eine Schwelle von fünf Zentimeter Höhe mit dem Rollstuhl alleine zu bewältigen. Stetig wurde ich vor neue Herausforderungen gestellt. Nachdem zuerst das Zurückgewinnen der Selbständigkeit im Vordergrund stand, musste dann das Setzen von beruflichen Zielen folgen. Jedes erreichte kleine Tagesziel löste einen Glücksmoment aus und gab mir immer wieder die Motivation, weiter zu kämpfen.

In dieser Zeit, in der ich mein Leben verändern musste, gab es auch viele Rückschläge. Diese muss man akzeptieren. Dabei half mir sicherlich, dass ich mit dem Sport, dem Spitzensport bereits eine harte Lebensschule durchgemacht hatte. Der Sport hat mir gezeigt, dass man nach Rückschlägen auch wieder zum Erfolg zurück finden kann. Durch Zielstrebigkeit und Willen konnte ich mich auch beruflich wieder integrieren und nach dreijähriger Abendschule meine Ausbildung als technischer Kaufmann mit dem eidgenössischem Fähigkeitsausweis abschliessen.

Heute, sechseinhalb Jahre nach meinem tragischen Unfall, bin ich wieder voll integriert, bin privat wie auch beruflich wieder sehr glücklich und kann positiv zurückblicken. Die plötzliche Veränderung in meinem Leben hat mich sehr geprägt, ich bin reifer geworden und gehe heute viel anders und besser mit Problemen um. Ich habe gelernt, dass nichts mehr selbstverständlich ist und kann die schönen Momente intensiver geniessen. Durch den Schicksalsschlag habe ich nicht nur verloren, sondern auch sehr viel gewonnen.

Ich bin überzeugt, dass auch für Matthias Lanzinger nach einigen dunklen Stunden wieder ein Licht am Horizont aufleuchten wird und er in ein, zwei Jahren ein sehr zufriedenes, glückliches Leben mit neuen privaten wie auch beruflichen Herausforderungen führen wird. Ich wünsche ihm für seinen neuen Weg ganz viel Kraft und alles Gute.

Herzlichst, Silvano Beltrametti